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Georg Schärmer: Vielleicht ist Demenz eine Reaktion auf eine Gesellschaft, die alte Menschen verdrängt

Elisabeth Zöhrer, Georg Schärmer, Naomi Feil, Petra Jenewein

v.l.: Elisabeth Zöhrer, Georg Schärmer, Naomi Feil, Petra Jenewein
Foto: Caritas Tirol

Eine alte Frau oder ein alter Mann, dessen Gehirn vergesslich geworden ist, geht zurück zu frühkindlichen emotionalen Bedürfnissen“, beschrieb Naomi Feil, die Begründerin der Validationsmethode, gestern im Rahmen eines Caritas Workshop vor einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal im Haus der Begegnung in Innsbruck die grundlegenden Bedürfnisse von Menschen mit Demenz. „Der Wunsch sanft getragen und geborgen zu sein überstrahlt alles. Das zweite Bedürfnis ist seine Identität zu erhalten. Auch wenn mein Gehirn zerstört ist, will der Meistertischler ein Meistertischler bleiben. Er hat nicht gelernt ein alter Mann im Rollstuhl zu sein. Last but not least wollen Menschen mit Demenz Gefühle, die sich das ganze Leben lang aufgestaut haben, teilen“, so Naomi Feil weiter.

Auf dieser Grundlage hat die 1932 in München geborene Amerikanerin die Validations-Methode begründet. Aufgewachsen ist Naomi Feil in dem von ihrem Vater geführten Montefiore-Altersheim in Cleveland, Ohio. Ihre Mutter leitete dort die Abteilung für Sozialarbeit. Nach dem Erwerb des Masters Degree für Sozialarbeit an der Columbia University in New York begann Naomi Feil mit alten Menschen zu arbeiten. Da sie die traditionellen Arbeitsmethoden als unbefriedigend empfand, entwickelte sie die Validation.


Validation – eine Erklärung

Validation ist eine Methode, um mit desorientierten, sehr alten Menschen verbal und nonverbal zu kommunizieren. Diese Technik ermöglicht diesem Personenkreis Würde und Glück wiederzuerlangen und hilft Stress abzubauen. Validation basiert auf einem empathischen Ansatz und einer ganzheitlichen Erfassung von älter werdenden Menschen. Indem man „in die Schuhe“ eines anderen Menschen schlüpft und „mit seinen Augen sieht“, kann man in die Welt der sehr alten, desorientierten Menschen vordringen und die Gründe für ihr manchmal seltsames Verhalten enträtseln.

Die Validations-Theorie hilft BetreuerInnen und Angehörigen damit umzugehen, dass viele Menschen mit der Diagnose Demenz sich im Endstadium ihres Lebens befinden und danach streben, unerledigte Aufgaben aufzuarbeiten, um in Frieden zu sterben. Man geht fürsorglich miteinander um, steht den geäußerten Gefühlen offen gegenüber und „validiert sie, sprich man erklärt die Gefühle für gültig“.

Validations-Weiterbildungen im Caritas Bildungszentrum

Caritasdirektor Georg Schärmer zeigte sich sehr beeindruckt und bedankte sich bei Naomi Feil „für den Respekt, den ressourcenorientierten Zugang zum Menschen und für die große Achtung, die spürbar ist“. Und weiter: „Vielleicht ist die Krankheit Demenz auch eine unbewusste Reaktion alter Menschen auf eine Gesellschaft, die das Altern und das Sterben gerne verdrängt. Lieber vergesse ich mich selbst, bevor mich die Welt vergisst“. Diverse Weiterbildungsangebote zum Thema Demenz finden Sie auf der Homepage des Caritas Bildungszentrums www.caritas-bildungszentrum.at

 

 

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