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Politische Lösung für Rechte von Kindern mit Behinderung gefordert

„Das MOHI Tirol steigt nach 20 Jahren aus der Schulassistenz aus, weil wir die unzureichenden Rahmenbedingungen und die Verweigerung eines Rechtsanspruch der betroffenen Kinder und Eltern nicht länger mittragen wollen“, erklärt Mag. Ludwig Plangger, Geschäftsführer des MOHI Tirol.
Im Kern sind es drei Punkte, die das MOHI zu diesem lange überlegten und vorbereiteten Schritt bewogen haben:

1. Fehlende Qualitätssicherung für SchulassistentInnen
2. Unakzeptable Stundendeckelung
3. Eine Schulpolitik, die diskriminierend für Kinder mit und ohne Behinderung ist

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v.l.n.r. Mag. Ludwig Plangger, Geschäftsfüh-rer MOHI Tirol gGmbH; Mag.ª Andrea Runggatscher, Koordinatorin MOHI Tirol gGmbH, Verantwortliche MOHI-Schulassistenz; Mag.ª Lydia Naschberger-Schober, Direktorin Institut für Sozialpädagogik Stams, langjährige Obfrau Verein MOHI Tirol
Foto: MOHI Tirol

„SchulassistenInnen haben wesentliche pädagogische Aufgaben zu erfüllen und tragfähige Beziehungen zu den betreuten Kindern, allen anderen Kindern einer Klasse sowie den LehrerInnen und Eltern aufzubauen. Dazu braucht es eine entsprechende Ausbildung“, betont Mag.ª Andrea Runggatscher, MOHI-Koordinatorin und Verantwortliche der MOHI-Schulassistenz. Während in anderen Bundesländern entsprechende Ausbildungen selbstverständlich sind, verzichtet die Tiroler Schulpolitik weiter darauf.
Das Schulassistenzmodell des MOHI Tirol hat auch entsprechende Qualitätsstandards und Qualitätssicherung beinhaltet. Etwa eine Begleitung der SchulassistentInnen, ein regelmäßiger fachlicher Austausch untereinander, Fortbildung und die Auseinandersetzung mit einem inklusiven Schulmodell.
Diese Vorgaben sind aber seitens des Landes nicht für alle Anbieter von Schulassistenz vorgesehen, erklärt Runggatscher.

Unhaltbar ist aus der Sicht des MOHI auch die in den Regelungen des Landes festgeschriebenen Deckelungen des Bedarfs mit 23 Wochenstunden pro Kind. Damit könne bestenfalls der Normalbetrieb in einer Volksschule abgedeckt werden. „Sobald es um ganztägige Schulveranstaltungen geht können Kinder mit Behinderung nicht daran teilnehmen, sofern nicht Eltern unterstützend einspringen.“

Zugleich ist der vom Land gewährte Zuschuss für die Schulassistenz mit 15,77 € so niedrig angesetzt, dass damit eine qualitativ abgesicherte Arbeit nicht gewährleistet werden kann.

Das MOHI verweist in diesem Zusammenhang auf klare Rechtsbrüche: In Österreich gibt es seit 1993 das „Recht auf Integration“ für Kinder mit Behinderung. Außerdem ist Österreich bei der Umsetzung der „UN-Menschenrechtskonvention – Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung“ säumig. Diese sieht für alle Kinder ein Recht auf inklusiven Unterricht vor und damit das selbstverständliche Zusammenleben aller Menschen unabhängig von individuellen Merkmalen.

Für Andrea Runggatscher besteht kein Zweifel, dass die derzeitige Schulpolitik diskriminierend für Kinder mit und ohne Behinderung ist. „Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, bei dem sich die Schule an die Kinder und ihre Bedürfnisse anpasst und nicht wie derzeit ihnen ihr System aufzwingt.“ Mittelfristig bedeutet das auch einen Abschied vom derzeitigen Sonderschulkonzept.

Mag.ª Lydia Naschberger-Schober, Direktorin Institut für Sozialpädagogik Stams und langjährige Obfrau Verein MOHI Tirol hat im Rahmen des Pressegesprächs auch mögliche Modelle für eine qualitativ hochwertige Schulassistenz vorgestellt: „Das Minimum ist eine pädagogische Basisausbildung und das Angebot von Intervision und Supervision für alle SchulassistentInnen“, erklärt Naschberger-Schober.

Das MOHI Tirol hat seinen Ausstieg aus der Schulassistenz langfristig und verantwortungsbewusst vorbereitet. Nachdem vor einigen Jahren noch über 30 Kinder in rund 20 Schulen durch die MOHI-Schulassistenz betreut wurden, sind es gegenwärtig nur mehr zwei, weil seit Jahren keine neuen Kinder in die Schulassistenz aufgenommen worden sind. Die beiden verbliebenen Kinder werden vom MOHI bis zu deren Schulaustritt weiter betreut, versichert Mag. Plangger.

„Wenn durch unseren Schritt eine Diskussion angestoßen wird, die zu einer politischen Lösung der Probleme führt, dann haben wir viel erreicht“, betont Plangger. Für einen runden Tisch an dem neben dem Landeshauptmann und dem Gemeindebundpräsidenten die Landesrätinnen für Bildung und Soziales Platz nehmen, stehe das MOHI jederzeit zur Verfügung, betont Plangger abschließend.

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