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Foto: Land Tirol/Reichkendler

Diskutierten über Barrierefreiheit beim Wohnen: v.li: Markus Pollo (Geschäftsführer NHT), die Vorsitzende des Monitoringausschusses Isolde Kafka, Dominik Mainusch in Vertretung von LR Johannes Tratter, Architektin Sandra Careccia, Hannes Lichtner (ÖZIV) und Christine Riegler, Mitglied des Tiroler Monitoringausschusses. Foto: Land Tirol/Reichkendler

Das Thema „Wohnen – Wie wird Wohnen in Tirol barrierefrei“ stand im Zentrum der 10. öffentlichen Sitzung des Tiroler Monitoringausschusses. Der Monitoringausschuss ist ein unabhängiges Gremium, das die Einhaltung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen durch die öffentliche Verwaltung überwacht.

Zu Beginn der Sitzung stand die Frage, ob Barrierefreiheit tatsächlich wesentlich zur Erhöhung von Baukosten beiträgt. „Laut Statistik sind 10 Prozent der Bevölkerung auf Barrierefreiheit angewiesen. Diese 10 Prozent können im Laufe des Lebens alle betreffen“, zeigt Volker Schönwiese auf. Hinzugerechnet müsse auch das Umfeld der Betroffenen werden. Somit müsse Barrierefreiheit im öffentlichen Interesse liegen, wenn man beispielsweise bedenkt, dass alte Menschen künftig auch zuhause und nicht im Altersheim betreut werden können – sofern sie über eine barrierefreie Wohnung verfügen.

Barrierefreiheit schon bei der Planung

Sandra Careccia, Architektin, zertifizierte Sachverständige zu barrierefreiem Bauen und selbst Rollstuhlfahrerin, gab in einem Vortrag Einblick, wie sich ihr Leben nach einem Unfall grundlegend veränderte. Von heute auf morgen benötigte sie eine barrierefreie Wohnung, wobei sich trotz längerer Suche nur eine Notlösung finden ließ. Careccia betonte, wie wichtig Gesetze zur Barrierefreiheit seien. Zudem forderte sie die Einbeziehung von ExpertInnen im Bereich Barrierefreiheit bei der Planung, da immer noch viele Barrieren entstehen, die im Nachhinein nur mit finanziellem Aufwand beseitigt werden können.

Neben dem Thema „Mobilitätseinschränkung“ müssen bei Barrierefreiheit auch die Bedürfnisse von blinden und gehörlosen Menschen mitbedacht werden. So schildert Maria Perfler, Mitglied des Monitoringausschusses und selbst blind, wie schwer es ist, einen Lift zu bedienen, der nur über einen Touchscreen und keine taktilen Tasten verfügt.

Diskussion über Quote an anpassbarem Wohnraum

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion mit ExpertInnen und VertreterInnen von Politik und Wohnbauträgern wurde das Instrument der Tiroler Bauordnung und die darin enthaltenen Quote an anpassbarem Wohnraum diskutiert. Bei anpassbarem Wohnraum müssen Wohnungen so konzipiert sein, dass diese nachträglich für die Nutzung durch Menschen mit Behinderungen ohne erheblichen Aufwand adaptiert werden können. In diesem Zusammenhang betonte Hannes Lichtner vom Bundesverband für Menschen mit Behinderungen (ÖZIV): „Wir haben Aufholbedarf und dürfen die 100 Prozent-Quote nicht antasten“. Lichtner führte weiter aus, dass es noch genügend Altbestand gebe, der nicht barrierefrei sei. Auch für den ländlichen Raum wäre eine Änderung in der Bauordnung, wonach lediglich für Wohnanlagen ab sieben Wohnungen ein anpassbarer Wohnraum vorgesehen ist, katastrophal. Markus Pollo, Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol (NHT), wies darauf hin, dass anpassbarer Wohnraum mehr Platz benötige, was infolge mehr Kosten verursache.

„Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention erkennt das Recht von Menschen mit Behinderungen an, mit den gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gesellschaft zu leben. Um diese Wahlmöglichkeit zu gewährleisten, müssen Wohnungen barrierefrei sein. Die Novelle der Tiroler Bauordnung sieht vor, dass nur mehr Gebäude mit über 6 Wohnungen barrierefrei gebaut werden müssen. Im Jahr 2008 war dieser Richtwert noch bei 3 Wohnungen“, stellt die Vorsitzende des Tiroler Monitoringausschusses Isolde Kafka klar. Zudem fehlen in der Novelle Vorgaben, wonach bei einem Bauverfahren auch Sachverständige für Barrierefreiheit eingebunden werden müssen. „Der Tiroler Monitoringausschuss weist schon lange auf dieses Manko hin, denn es kommt oft zu Mängeln und fehlerhaften Ausführungen, was einen nachträglichen Umbau erforderlich macht, der meist viel teurer ist“, so Kafka abschließend.

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